Kleine Zeitung vom 16.1.2016

„Sollen wir euch jetzt ein Care-Paket schicken?“

„Sollen wir euch jetzt ein Care-Paket schicken?“

Die Mürzzuschlager Kommunalpolitiker ärgern sich über das negative Bild der Stadt in der ORF-Sendung „Am Schauplatz“ vom Donnerstag. Manche sehen darin aber auch eine Chance.

ULF TOMASCHEK

Arnd Meißl, FPÖ-Vizebürgermeister der Stadt Mürzzuschlag, kann zwar noch lachen: „Ich habe eine Meldung bekommen: Sollen wir euch ein Care-Paket schicken, weil es euch so schlecht geht!“ Lustig hat aber kein Mürzzuschlager Kommunalpolitiker die Sendung „Am Schauplatz – Die letzten Arbeiter“ vom Donnerstagabend gefunden.

So hat Bürgermeister Karl Rudischer (SPÖ) einen offenen Brief an Peter Resetarits von der „Schauplatz“-Redaktion geschrieben, in dem er der Redaktion vorwirft, sie habe „die wirtschaftliche und stadtpolitische Entwicklung der letzten Jahre ignoriert, um eine sozialromantische These vom Nichtwahrhabenwollen des Niedergangs der Arbeiterschaft in einer Stahlregion aufrecht erhalten zu können“. Trotzdem habe er gut geschlafen, die Sendung war auch für ihn letztlich weniger schlimm als befürchtet. „Trotzdem war der Beitrag entbehrlich. Wer Mürzzuschlag nicht kennt, kommt jetzt auch nicht. Der sagt, dort muss man auch nicht hinfahren.“

Keine Werbesendung

Für KPÖ-Gemeinderat Franz Rosenblattl war „von Anfang an klar, dass das keine Werbesendung für den Tourismus wird“. Für Rosenblattl spiegelt die Sendung aber doch „eine bestimmte Stimmung, eine authentische Grundhaltung der Bevölkerung wider. Viele sind tatsächlich frustriert“ – auch wenn für den KPÖ-Mandatar Vieles in der Sendung aus dem Zusammenhang gerissen worden ist, wurde Rosenblattl doch zwei Stunden lang interviewt.

Rosenblattl ist der Ansicht, dass die grundsätzlich negative Sendung auch eine Chance für die Entwicklung von Mürzzuschlag darstellt. Eine Meinung, die er mit der Grünen-Mandatarin Ilse Schmalix teilt. „Es wurde ein total negatives Bild der Stadt gezeichnet“, sagt sie. „Offenbar wurde nach der Zukunft Mürzzuschlags nicht gefragt. Aber vielleicht ist das auch ein Ansporn, eine Vision für die Zukunft Mürzzuschlags zu entwickeln“, hofft Schmalix.

Skandalös

Als „skandalös“ empfindet Franz Gstättner (ÖVP) die „Schauplatz“-Reportage. „Ich bin Jahrgang 1958, habe im Böhler-Werk gelernt und kenne die Höhepunkte wie die Probleme, die es gegeben hat“, sagt Gstättner. Er hätte sich trotz der Kritik im Vorfeld der Sendung keine so „krasse Darstellung“ erwartet, kritisiert der ÖVP-Gemeinderat, der die Reportage auch als „geschäftsschädigend für die gesamte Mürzzuschlager Wirtschaft“ beurteilt. „Aber vielleicht bringt der ORF ja eine zweite, positive Sendung“, hofft Gstättner.

Veröffentlicht: 22. Januar 2016