Die Woche (Online) von 23.März 2015

Gemeinderatswahl in Mürzzuschlag - Eine persönliche Analyse

Gemeinderatswahl in Mürzzuschlag - Eine persönliche Analyse

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Dass angesichts der Demografie und der Weigerung der SPÖ-Mürzzuschlag, Politik nah am Bürger zu machen, die "Absolute" weg sein wird, war schon im Vorfeld der Wahl vorhersehbar, wenn auch in dieser Wucht überraschend. Natürlich spielen auch die Landes- und Bundespolitik eine Rolle, aber davon sind auch Städte wie Trofaiach betroffen, wo die Mehrheit der SPÖ sogar ausgebaut werden konnte, also muss es wohl auch an lokalen Faktoren liegen.
 

Ein wesentlicher Faktor war sicher der Wahlkampf: Von SPÖ und ÖVP in einer Langweiligkeit sowie Ideenlosigkeit geführt, war hier das Fehlen von Inspiration und Esprit mehr als sichtbar. Man könnte jetzt boshafterweise anmerken, dass immerhin die Gemeindepolitik auch im Wahlkampf konsequent fortgeführt wurde. Im Gegensatz dazu führte die FPÖ einen intensiven, angriffigen Wahlkampf der gerade in einer Arbeiterstadt in demografischer Schieflage wie Mürzzuschlag auf fruchtbaren Boden fällt. Ein FPÖ-Wahlkampf wie man ihn aus der Schablone des Herrn Kickl nachgezeichnet in Österreich immer wieder sieht, die xenophobe Note fehlte natürlich auch diesmal nicht. Dazu kam dann als starker Kontrahent noch die KPÖ, die einen Wahlkampf führte der stark auf Persönlichkeiten und Persönliches setzte: Das Zugpferd Franz Rosenblattl gut in Szene gesetzt, dazu zwei junge Politneulinge, Sandra Kern und Stefan "Skuta" Sommersguter, die für frischen Wind sorgten und den Faktor Sympathie bestens für ihre politische Organisation nutzen konnten. Die Mürzer Kommunisten waren aber auch nicht müde ihre Arbeit für die Menschen zu betonen, die ja tatsächlich geleistet wird und gerade darum soll es in der Kommunalpolitik ja insbesondere gehen. Etwas was die SPÖ mutmaßlich nur mehr vom Hörensagen kennt. Die ehemalige Arbeiterbewegung legt Hochglanzbroschüren auf, veranstaltet "Events", macht eine "Zuhörtour" und merkt dabei gar nicht wie weit weg von den Leuten sie schon ist. Hier wird auch im Zwischenmenschlichen mit einer professionellen Distanz gearbeitet, das Soziale institutionalisiert, als wäre Gemeindepolitik eine dieser gut geölten Marketingmaschinerien wie man sie aus dem Profisport oder der Systemgastronomie kennt. Menschliches, Politik wird so zu einer Parodie seiner selbst.
Da ist es nur positiv, dass die absolute Mandatsmehrheit im Gemeinderat in weite Ferne gerückt ist. Auch wenn man sich noch auf die Krücke der ÖVP (2 Mandate) stützen kann, hat dieses Ergebnis gezeigt, dass so wie bisher nicht weitergemacht werden kann. Wenngleich wenn es so mancher noch nicht wahr haben will, aber man wird mit einer FPÖ, die acht Mandate hat, reden müssen, ideologische Gräben hin oder her. Eine KPÖ mit drei Mandaten als drittstärkste Kraft noch vor der ÖVP wird man auch als mehr als eine Randerscheinung betrachten zu haben, abgesehen davon dass wirkliche soziale Politik mit dieser Partei leichter zu machen sein wird als mit einer ÖVP. Eine ÖVP, die aus Überlebensinstinkt durchaus in Frontalopposition abdriften könnte. Die Machtverhältnisse würden es der SPÖ gut anstehen lassen, auch Ideen der Oppositionsfraktionen aufzugreifen. FPÖ und KPÖ forderten im Wahlkampf Stadtbusse für Mürzzuschlag: Sollte man umsetzen, auch mit Blick auf den jungen Bürgermeisterkollegen (Regierungskommissär) Jochen Jance, der in seiner Gemeinde einen "St. Barbara-Bus" umsetzen will. Ein Kautionsfonds für Wohnungen wurde von Sandra Kern (KPÖ) gefordert: Umsetzen, weil gut, sozial wirksam und auch angesichts der Einwohnerentwicklung durchaus interessant. Zusätzlich würde sich die SPÖ wieder als Partei präsentieren können die das Wort "Sozial" im Parteinamen ein Stück weit mehr reinen Gewissens tragen darf. Es gibt gute Ideen, und Fraktionen welche die nötigen Mandate bieten diese im Gemeinderat umzusetzen. Das Versprechen des Regierungskommissärs Rudischer bzw. der SPÖ-Mürzzuschlag, "das Vertrauen wiedergewinnen" zu wollen sollte für einen wirklichen Neustart in der Gemeindepolitik genutzt werden und nicht in einer Angstkoalition der Wahlverlierer enden. Das wäre nicht nur für diese einst so stolze SPÖ-Mürzzuschlag das Beste, sondern vor Allem für die BewohnerInnen von Mürzzuschlag. In diesem Sinne darf man auf eine spannende, aber hoffentlich auch fruchtbare Gemeinderatsperiode 2015-20 blicken.

24. März 2015

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