Kleine Zeitung vom 22.10.2006

Wienerstraße ist nach wie vor heißes Eisen

Vor zwei Jahren erwirkte eine Bürgerinitiative eine Volksabstimmung zur Umwandlung der zentral gelegenen Wienerstraße in eine Wohnstraße. Und sie übt weiterhin Kritik an der Wohnstraße.

Dass die Wohnstraße mehr Frequenz in das Zentrum gebracht hat, glaubt Wilfried Ledolter, Anrainer der Wohnstraße und Sprecher der Bürgerinitiative, nicht: „Bestenfalls Durchfahrfrequenz“, sagt er. Denn obwohl man eine Wohnstraße nicht durchfahren darf – man darf nur zu- und wegfahren – werde durchgefahren, und das oft mit zu hohem Tempo.

Den positiven Effekt für die Wirtschaft sieht Ledolter nicht und verweist auf leere Geschäfte in der Straße. Hier übt er Kritik am Verein Stadtmarketing: „Es gibt keine Erhebungen des Ist-Zustandes“, bemängelt er. Die gebe es jetzt, kontert Stadtmarketing-Obmann Ronald Fuchs. An neun Punkten in der Stadt wurden vor einer Woche Frequenzzählungen durch Infrapool gemacht, die österreichische Vereinigung für Stadt- und Standortmarketing. „Und da wird es Vergleichsdaten für die Wienerstraße geben“, sagt Fuchs.

Was die leeren Geschäftsflächen angeht, so hat die Wienerstraße ihre wunden Punkte: Ihr südlicher Teil liegt am „Rand des Geschäftsbesatzes“, sagt Fuchs. Und wenn es um Ansiedelungen geht, „dann geht es oft um wenige Meter“. Sprich: Ist ein Frequenzbringer ein Stück zu weit weg, wird die Geschäftsfläche abgelehnt. Dazu komme noch, dass die Häuser mit den leer stehenden Geschäften alt sind, die Geschäftsflächen zu klein und meist in Privatbesitz.

Deshalb brauche es weitere Frequenzbringer – wie etwa das neue Ärztezentrum im Haus der Stadtwerke – und Investitionen in die alten Geschäftsflächen, um die Vermietbarkeit zu erreichen. Ledolter fordert, dass sich hier die Gemeinde mehr einklinkt, etwa über Wirtschaftsförderung.

Fuchs hält hingegen fest: „Es gibt noch andere Standortfaktoren. Es ist ja nicht so, dass alle wegen der Wohnstraße gleich ein Plus schreiben.“ Außerdem locke der neue Stadtplatz mehr Frequenz an, die Wienerstraße jedoch habe Nachteile: weniger Licht, und die Parkplätze sind komplizierter anzufahren.

Gerade deshalb wünscht sich Fuchs Veränderunge, etwa eine bessere Beleuchtung, eine verbesserte Schneeräumung im Winter und Hinweise, was in einer Wohnstraße erlaubt ist und was nicht. Veränderungen möchte auch Ledolter, allerdings andere: „In anderen Städten funktioniert es auch mit einer Fußgängerzone. Indem man die Stadt liebenswert gestaltet, mit geschulten Verkäufern in den Geschäften und einem entsprechenden Verkehrskonzept.“

Den Verkehr lenken und leiten

Weniger Verkehr in der Stadt fordert die Bürgerinitiative. Er sei aber wichtig, heißt es seitens des Stadtmarketing. Beide wollen Lenkung.

MÜRZZUSCHLAG

„Das Thema ist ein vielschichtiges“, sagt Ronald Fuchs über die Wienerstraße. Und wenn sich schon nicht sehr viele Gemeinsamkeiten auftun zwischen Wilfried Ledolter und Ronald Fuchs – für beide ist der Verkehr innerhalb der Stadt ein Thema: Für die Bürgerinitiative herrscht „Wildwuchs“ in der Stadt, nicht nur in der Wienerstraße.

Ein Beispiel Ledolters: Um den Jaklin-Parkplatz vor dem Parkhaus zu erreichen, fährt man ein Stück durch die Fußgängerzone. „Bei so einem verkehrsmäßigen Chaos werden kaum mehr Leute kommen“, so Ledolter, der sich ein umfassendes Verkehrskonzept für die Stadt wünscht. Keiner kenne sich da aus.

Während die Bürgerinitiative den Autoverkehr wegen der Umweltbelastung verringern will, ist für Ronald Fuchs der Autoverkehr wichtig für die Belebung der Mariazellerstraße, der Wienerstraße und der Grazerstraße. Deshalb wäre eine Umfahrung der Stadt ab dem Kreisverkehr bei der Bahnhofsunterführung in der Frachtenstraße „aus der Sicht des Mürzer Handels eine Katastrophe“. Für die Märkte und Geschäfte entlang dieser Straßen sehe es dann traurig aus.

Viel wichtiger für die Innenstadt wäre für Fuchs ein Leitsystem für die Autofahrer, um sich in der Stadt zurechtzufinden. Dazu gehöre eine gute Beschilderung. Die Konzepte dafür seien fertig, es fehle aber noch am Budget, sagt Fuchs.

Veröffentlicht: 8. April 2012