Kleine Zeitung vom 8.3.2010

Heikle Aufträge für Ortschef

Der Mürzzuschlager Bürgermeister und Baureferent ist in der Stadt auch als Planer engagiert. Wegen dieses Interessenkonflikts gerät er nun ins Kreuzfeuer .

Wenige Wochen vor der Gemeinderatswahl ist der Bürgermeister von Mürzzuschlag, Karl Rudischer (SP), herber Kritik ausgesetzt. Konkret wirft ihm die ÖVP als zweitstärkste Fraktion im Stadt- und Gemeinderat die Unvereinbarkeit seines politischen Amtes mit privaten Geschäftsinteressen vor. Rudischer ist als Bürgermeister Baureferent und als Privatperson Architekt, der an Bauprojekten in der Stadt beteiligt ist.

Diese schiefe Optik wurde bereits 2004 angeprangert, damals noch von der KPÖ. Rudischer war bis 1999 Stadtbaudirektor von Mürzzuschlag, ab 2000 Gemeinderat, im selben Jahr gründete er ein Architekturbüro in Neunkirchen (NÖ). 2005 wurde er Stadtrat und 2007 übernahm er das höchste Amt in der obersteirischen Bezirksstadt.

Bis 2005 mischte der Architekt Rudischer noch bei öffentlichen Bauvorhaben mit - etwa bei der Umgestaltung des Hallenbades, des Stadtsaales oder beim Neubau der Bestattung. "Dafür gab es Ausschreibungen, an denen ich teilgenommen habe", rechtfertigt sich Rudischer. "Seit ich Bürgermeister bin, habe ich keinen Auftrag der öffentlichen Hand mehr angenommen."
"Verschleierung"

Vizebürgermeister Franz Gstättner, seit einem Jahr an der Spitze der Mürzzuschlager VP, wirft dem Stadtoberhaupt jedoch Verschleierung vor. Denn Rudischer hat nicht nur sein Büro in Neunkirchen, mit zwei weiteren Architekten betreibt er auch eines in Bruck. Einer der beiden erhielt mehrfach Aufträge der Stadt Mürzzuschlag, etwa die Gestaltung des neuen Stadtplatzes oder zuletzt den Ausbau eines Ausbildungszentrums. "Hier liegt klar eine Unvereinbarkeit vor", kritisiert Gstättner und fordert eine Prüfung aller Vergaben durch die Gemeindeaufsicht bzw. den Landesrechnungshof.

"Ich trenne das sauber", kontert Rudischer. Faktum aber ist, dass er auch in der Zeit als Bürgermeister an mehreren Bauprojekten in Mürzzuschlag als Architekt gearbeitet hat, freilich an Projekten mit rein privatem und gewerblichem Hintergrund.

Einen Interessenkonflikt, wenn der Bürgermeister Rudischer ein Projekt genehmigen soll, in das der Architekt Rudischer involviert ist, kann der Politiker allerdings nicht erkennen, wie er der Kleinen Zeitung erklärt: "Die Grundlage meiner Entscheidungen bildet das Baugesetz, an das sich alle Bauwerber halten müssen. Ich habe nicht wirklich ein schlechtes Gewissen."
HANNES GAISCH

Veröffentlicht: 19. März 2010