Standard vom 14.03.2005

Mürzzuschlag: KP-Liste legte am meisten zu

Basistunnelfrust nutzte der SP

Eine Stellungnahme zum Basistunnel hätte ihm "wohl noch einige Stimmen zusätzlich eingebracht", mutmaßt Franz Rosenblattl von der gleichnamigen, aus der KP heraus entstandenen Mürzzuschlager Liste. Er und seine Leute legten in der traditionellen Eisenbahner- und Arbeiterstadt mit 11,58 Prozent (KP im Jahr 2000: 4,10 Prozent) mit Abstand am stärksten zu.

Tunnel unter der Stadt

Doch noch am Freitag hätten ihm Mitstreiter vom Einstieg in das Tunnelthema abgeraten. Auf diese Art, so Rosenblattl, sei es die SP samt Bürgermeister Walter Kranner gewesen, die den Unmut über die aktuellen Pläne, die einen Verlauf 70 Meter unterhalb Mürzzuschlags vorsehen, für sich habe nutzen können: Mit einem Mandat plus (15 statt bisher 14 Mandate) bei leichten Stimmenanteilsverlusten - und somit dem Ausbau der absoluten Mandatsmehrheit.

Ein Mandat verloren hat die VP (4 statt bisher 5), das FP- Ergebnis halbierte sich, die Grünen legten leicht zu. Geschadet, so Gewinner Rosenblattl, habe das Tunnelthema vor allem der Volkspartei, die die politische Einigung von Landeshauptfrau Waltraud Klasnics mit Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll "auf Gedeih und Verderb" habe mittragen müssen.

Tastsächlich sah VP-Spitzenkandidat Franz Lendl noch am Freitag in der bahntechnischen Untergehung der Gemeinde "überhaupt kein Problem". Moderne Mittel würden den Bahnhofsbau in großer Tiefe möglich machen, wie anderswo schon bewiesen worden sei: "Waren sie schon in Moskau? Dort muss man auch tief zu den U-Bahn-Stationen hinunterfahren", sagte er.

Wenig Vertrauen in die jetzt angestrebte Tunnellösung herrscht indes unter Mürzzuschlagern, die auf die Bahn als Transportmittel voll angewiesen sind. Bei Doris Gutschelhofer (22) etwa, die vormittags um zehn Uhr im Mürzzuschlager Sprengel Straßenmeisterei ihren Stimmzettel in die Box wirft.

Ein Eisenbahnloch durch den Berg würde der jungen Buchhalterin ein klares Plus an Lebensqualität bringen: "Ich pendle täglich von Mürzzuschlag nach Wien, eineinhalb Stunden hin und eineinhalb Stunden zurück", schildert sie. Das Autofahren - seit Eröffnung des Semmeringstraßentunnels in Richtung Wien um eine halbe Stunde beschleunigt - sei für sie keine Alternative: "Das ist zu teuer, weil ich in Wien fürs Parken bezahlen müsste."

Als Langstreckenpendlerin Richtung Osten steht Gut- schelhofer in der Obersteiermark nicht allein da. Ein Schienentunnel, der auch die Bahn beschleunigen würde, wäre da "schon sehr vorteilhaft". Doch nur dann, wenn er, wie vor der jetzigen politischen Einigung lange Jahre über vorgesehen, knapp vor Mürzzuschlag endete.

Kampf um Bahnhof

Andernfalls, so Bürgermeister Kranner, drohe dem Mürzzuschlager Bahnhof das Aus. Jener Zugstation, um deren Aufrechterhaltung als Intercity-Haltestelle er jedes Jahr vor Fahrplanwechsel mit den ÖBB-Verantwortlichen ringt. Immerhin geht es um 300 ÖBB-Arbeitsplätze im Ort.

Schon jetzt, so Kranner, hielten die schnellen, von Wien kommenden Züge vor Mürzzuschlag nur in Wiener Neustadt - und auch Wiener Neustadt "wackelt als Intercity-Stopp jedes Jahr erneut". Mit dem Argument, dass Pendler Lokalverbindungen benutzen könnten - "für unsere Pendler ohne Semmeringtunnel keine Option".

Veröffentlicht: 8. April 2012